»Blut ist ein ganz besonderer Saft«, wußte nicht nur Goethe. Das
oder mir künstlerisch, kunsthistorisch oder inhaltlich wichtig er-
rote Lebenselixier hat zu allen Zeiten in allen Kulturen eine Bedeu-
scheinen. Vieles sind ganz subjektive Entscheidungen, für mehr
tung gehabt, die weit über die rein biologische und medizinische
Information muß auf die umfangreiche entsprechende Literatur
und die vorliegenden Lexika verwiesen werden. Wenn möglich,habe ich vor allem bei den mythischen und historischen Themen
Dieses Lexikon bietet einen Überblick über verschiedene Aspekte
versucht, Verdeutlichungen durch Zitate aus der belletristischen
dieses »Lebenssaftes« in Mystik und Mythologie, in Magie und
Literatur, besonders aus Märchen und Sagen, zu schaffen, was
Medizin, in Religion und Wissenschaft, in Legende und Literatur,
dann nicht den Anspruch erhebt, dokumentarisch zu sein, dafür
in Tradition und Volksglaube. Dabei habe ich versucht, möglichst
viele Bereiche und Stichwörter anzusprechen, alle Themengebie-
te, in denen Blut eine Rolle spielt. Natürlich kann dies nur ein
Ein Literaturverzeichnis hätte den Rahmen dieses Bandes ge-
allgemeiner Überblick sein; vieles kann ich nur anreißen. Im
sprengt; über die bereits erwähnten Literaturhinweise hinaus fin-
Einzelfall sei deshalb auf die entsprechende Fachliteratur verwie-
den sich bei Zitaten jedoch die Angaben zu den entsprechenden
sen, bei manchen Themen habe ich Literaturhinweise gegeben.
Werken (dabei habe ich auf die Angabe von Auflagen verzichtet
Dies gilt besonders für biologische und medizinische Aspekte; alle
und nur jeweils die von mir verwendete Ausgabe angegeben), in
Begriffe, Krankheiten und Fachtermini, die mit Blut zu tun haben,
denen meist eine ausführliche Bibliographie zum jeweiligen The-
auch nur aufzuführen, würde den Rahmen dieses Buches spren-
ma vorhanden ist. Als Bibelübersetzung diente mir die revidierte
gen, ebenso, stets alle biologischen und medizinischen Grund-
Lutherfassung von 1984, den Koran habe ich zitiert nach der
lagen zu erklären . . . Hier konnte ich oft nur kurze Erläuterungen
Übersetzung von Max Henning und die »Sagen des klassischen
Altertums« in der zwischen 1838 und 1840 erschienenen Fassung
Es ist in diesem Lexikon auch nicht der Platz, auf die umfangrei-
che Literatur zum Thema Blut einzugehen; weder die wissen-
Dieses Lexikon ist das Ergebnis umfangreicher Literaturstudien
schaftliche noch belletristische Literatur kann hier auch nur an-
und Recherchen; trotz aller Sorgfalt sind mir dabei sicher auch
satzweise angegeben werden. Einzelne, besonders empfehlens-
Fehler unterlaufen. Für Hinweise darauf oder falls ich wesentliche
werte Titel sind manchmal bei den entsprechenden Stichworten
Aspekte übersehen habe wie auch für Infor-mationen zu Ereignis-
angeführt. Ähnlich bin ich bei Filmen, bildender Kunst und Musik
sen, die sich nach Redaktionsschluß (Juli 1999) begeben haben,
verfahren; nur wenige Werke oder Titel sind angegeben, die
wäre ich für eine Nachricht dankbar, entweder an den Verlag oder
entweder besonders bedeutsam sind, das Blut im Namen tragen
Abstammungsgemeinschaft Die Fachwelt spricht von der »Origo gentis«,
zeigt, wie eng wir alle miteinander verwandt sind: »In Europa und Nordame-
der »Herkunft des Volkes (oder Stammes)«, wenn es über Abstammungstheo-
rika, das ja zum größten Teil von Europäern besiedelt wurde, gibt es heute rund
rien geht – und diese bestimmen ja bis heute teilweise die Diskussion um Krieg
200 Millionen Kinder. Nachdem das Bevölkerungswachstum in Europa und
und Frieden bis hin zur Festlegung der ➜ Staatsbürgerschaft. »Die ›OrigoNordamerika mehr oder weniger stagniert, leben diese 200 Millionen Kinder ingentis‹ schildert die ›Geburt des Volkes‹ und will dessen Wesen und Identität100 Millionen Familien mit 200 Millionen Eltern. Jeder von uns hat 2 Eltern,anhand der Genealogien und Geschlechterabfolgen aufweisen. Eigentlich ist es4 Großeltern, 8 Urgroßeltern und so fort; diese 200 Millionen Eltern der Kinderein ›Ursprungsmythos‹: Der Anfang enthält bereits die ganze Geschichte, dennmüßten also, wenn wir eine Generationsdauer von 25 Jahren annehmen (wasdort sind die Lebenskraft wie auch die Lebensnormen für alle Zukunft grund-zwar für heute nicht mehr ganz richtig ist, für früher aber etwa stimmt), 400gelegt worden. In der sich verkettenden Geschlechterabfolge nimmt diesesMillionen Großeltern im Jahre 1950 und 800 Millionen Urgroßeltern im Jahreanfanghaft-vorbildliche Leben seinen Weg durch die Geschichte bis zur Gegen-1925 haben. An Ahnen dieser jetzt lebenden Kinder müßten es im Jahr 1900,wart. Die Genealogie verbürgt, daß rechtes und ganzes Leben sich dort voll-also vor 4 Generationen, bereits 1,6 Milliarden sein, und um 1800, also vorzieht, wo man am Blut des Ursprungs teilhat. Zumal in ›Gesellschaften ohneetwa 8 Generationen, müßten etwa 25,6 Milliarden Weiße (Gesamtzahl allerStaat‹ liefert die ›Origo gentis‹ die Grundlage des Selbstverständnisses wie desMenschen 1987 ca. 5,5 Milliarden) gelebt haben, wenn keine VerwandtschaftLebenssystems der eigenen Gesellschaft. [.] Dabei soll der Blick sowohl aufunter diesen Ahnen bestünde. Im Jahre 1500, also vor der Besiedlung Nordame-die innere Struktur der sich durch Abstammung definierenden Gruppen gelenktrikas durch die Weißen (Kaukasier), müßte die Bevölkerung in Europa etwawerden als auch auf die Außenbeziehungen, die solche Gruppen mit anderen1000 Milliarden umfaßt haben und um Christi Geburt müßten es ca. 1032unterhalten. An erster Stelle ist der ›Stammvater‹ anzuführen oder, wie Karlgewesen sein. Alle Europäer – das gilt aber auch für andere Rassen – müssenHauck ihn genannt hat, der ›Spitzenahn‹. Von ihm als dem göttlichen oderalso in einem geringeren oder höheren Maß miteinander verwandt sein.« (G. halbgöttlichen Urvater stammen König, ➜ Adel und Volk ab. [.] Aus der Idee
Czihak/H. Langer/H. Ziegler: Biologie, Berlin u. a. 1992)
des Spitzenahns ergibt sich die besondere Bedeutung der Ahnen und derblutsmäßigen Abstammung, denn für den lebenswichtigen Anschluß an denAbszeß eine Ansammlung von ➜ Eiter im Gewebe Spitzenahn bedarf es der Ahnenreihe. [.] Im Binnenkreis ist es die Blutsver-wandtschaft mit ihrem Gefälle vom Clan bis zu den Grenzen des eigenen Volkes,Abszeßdurchbruch ➜ Granulozyten wo das Zusammengehörigkeitsgefühl aufhört, ja umschlägt in ›natürliche Feind-schaft‹. Innerhalb dieses Eigenkreises herrscht eine hohe soziale Binnenver-Abwehr, immunologische ➜ Immunsystem pflichtung, wobei aber das soziale lnnengefüge wie auch das Herrschaftsrechtnochmals durch Abstammung und Blut differenziert sind: Das ganz reine BlutAbwehrmaßnahmen, -mittel gegen Blutsauger Gegen die verschiedenen schafft ein Geblütsvorrecht und begründet Herrschaft, während das mindere
Arten von ➜ Blutsaugern, speziell ➜ Vampire, wurden im Laufe der Jahrtau-
Blut das gemeine Volk ausmacht, und so kann auch hier wieder Krieg entstehen.
sende die verschiedensten Abwehrmaßnahmen entwickelt. Bei vielen Völkern
Die Sklaven endlich sind, weil nicht von gleichem Blut, ›Untermenschen‹, in der
gab und gibt man den Toten ➜ Grabbeilagen mit. Den Sarg trug (und trägt) man
Antike sogar eine Sache.« (Arnold Angenendt: »Geschichte der Religiosität im
oft mit dem Kopfende zuerst aus dem Haus, damit der Tote nicht den Weg
Mittelalter«, Darmstadt 1997). Dies galt in der Antike fast durchgehend; bei ➜
zurück finden konnte, man entfernte die Türschwelle oder hängte ein Messer
Griechen wie bei ➜ Römern, ➜ Juden wie ➜ Germanen oder ➜ Kelten wurde
über die Haustür. Manche vermuten, ein Vampir könne ein Haus nicht betreten,
»die Entstehung der Welt und der Götter als Abfolge von Zeugungen und
wenn er nicht eingeladen wurde. Als wirksamstes Abwehrmittel galt seit alters
Geschlechtern aufgefaßt« (Wolfgang Speyer, 1976). Auch im Mittelalter war
her ➜ Knoblauch. Daran ist weniger die Heilwirkung dieser Pflanze schuld als
die Verwandtschaft, etwa die Stammeszugehörigkeit, von überragender Bedeu-
vielmehr der scharfe und widerwärtige Geruch, wie überhaupt alles, was stark
tung; das ➜ adelige Geburtsrecht und die von der Abstammung hergeleitete
riecht, ➜ Geister und ➜ Dämonen abwehren soll. Schon die ➜ Griechen und
Königsherrschaft wurden als natürliche Institutionen betrachtet. Bis heute füh-
➜ Römer empfahlen Knoblauch gegen ➜ Lamien und andere ➜ Blutsauger.
ren die Überbewertung von Verwandtschaftsbeziehungen oder Blutsbanden,
Auch andere Pflanzen sollen helfen, etwa ➜ Weißdorn oder wilde ➜ Rosen.
die geburtsrechtliche über- und »volksfremde« Abwertung, die im Extremfall
Wenn in dem ➜ Wiedergänger ein Diener oder eine Verkörperung des ➜
im ➜ Rassismus gipfeln können, zu Konflikten und Kriegen; auch die emotio-
Teufels vermutet wird, helfen natürlich ➜ heilige Symbole wie das ➜ Kreuz,
nal geführte Diskussion um die Änderung des deutschen ➜ Staatsbürger-
im katholischen und orthodoxen Glauben auch ➜ Hostien oder ➜ Weihwasser.
schaftsrechtes beruht im wesentlichen auf dieser Problematik. – Wie unsinnig
Um den Vampir zu töten, wurde das Herz oder der Nabel mit einem ➜ Pfahl
die Vorstellung eines Blutadels ist, verdeutlicht eine einfache Berechnung, die
durchstoßen oder das Herz herausgeschnitten und verbrannt, manchmal auch
die ganze Leiche. Die ➜ Asche, mit Wasser vermischt, galt als hervorragendes
dort aus führte man die Ahnenreihe weiter zu den antiken Kaisern und über die
Heilmittel, zum Trinken als Schutztrunk, aber auch als Salbe oder im ➜
Trojaner bis zu Noah. Maximilian I. (1459-1519, deutscher Kaiser 1493-1519),
»der letzte Ritter«, beauftragte eine Forschergruppe, die Genealogie des Habs-burgergeschlechtes aufzupolieren, und diese »entdeckte« auch prompt das
Abwehrstoffe des Blutes ➜ Globulin
fehlende Zwischenglied zu den Merowingern und konnte dem beruhigten Kai-ser verkünden: »In sölicher erkundigung hat er erfund sein mandlich geschlechtAcetylcholin schwächt die ➜ Herztätigkeit von ainem vater auf den anderen biß auf den Noe.« (Karl Schmid: »Andacht undStift«, München 1984). Wie ernst es den Adligen damit war, machte der
Acetylsalycilsäure bekannt unter dem Markennamen Aspirin, wirkt ➜ gerin-
20jährige Kaiser Karl V. wenig später auf dem Reichstag von Worms deutlich,
nungshemmend und wird deshalb zur Vorbeugung gegen ➜ Thromben und ➜
als er 1521 Luthers »Hier stehe ich und kann nicht anders« ein »Gegenbekennt-
nis« entgegenstellte: »Ihr wißt, Ich stamme ab von den allerchristlichstenKaisern der edlen deutschen Nation, von den katholischen Königen Spaniens,Acidose ➜ Azidose den Erzherzögen Österreichs, den Herzögen von Burgund, die alle bis zum Todtreue Söhne der Römischen Kirche gewesen sind, immer Verteidiger des katho-Adalat ➜ Kalzium-Antagonist, blutdrucksenkendes Mittel, ➜ Antihypertoni- lischen Glaubens.« (Hans Wolter: »Das Bekenntnis des Kaisers«, in Fritz
Reuter (Hrsg.), »Der Reichstag zu Worms von 1521«, Worms 1971). Daß dieVorstellung von einem Geburtsadel bis in unser Jahrhundert zu grotesken
Adel Obwohl nach biblischer Auffassung wie auch nach der der mittelalterli-
Auswüchsen geführt hat, ist bekannt; in der Ballade »Des Pfarrers Tochter von
chen Theologen alle Menschen einer ➜ Abstammungsgemeinschaft angehör-
Taubenhain« von Gottlieb August Bürger (1747-1794) führt die rüde Ableh-
ten, galt im Mittelalter die Vorstellung, es könne Menschen geben, die aufgrund
nung des verführten Mädchens dieses schließlich zum Kindesmord. Bürger hat
»edleren Blutes« (➜ blaues Blut) mehr wert seien als andere, ja sogar zum
hier 1781 auf treffende Weise die Haltung so mancher Adligen geschildert:
Herrschen bestimmt, als selbstverständlich. Doch obwohl es Adel, »verstanden»Ho, Närrchen, so hab’ ich es nimmer gemeint! | Wie kann ich zum Weibe dichals Aussonderung erblich bevorrechtigter Familien mit Herrschafts- und Ver-nehmen? | Ich bin ja entsprossen aus adligem Blut. | Nur Gleiches zu Gleichemwaltungsmonopol« (Arnold Angenendt: »Geschichte der Religiosität im Mittel-
gesellet sich gut; | Sonst müßte mein Stamm sich ja schämen.« Ähnlich äußert
alter«, Darmstadt 1997), in den meisten Kulturen gab, hatten die Herrschenden
sich »Der Untertan« in Heinrich Manns gleichnamigen Roman (1911-18). Die
im Mittelalter gewisse Begründungsnöte. Denn zumindest in der späten Phase
Vorstellung von Blutadel gibt es bis heute. Wieweit dies von der großen Menge
des Römischen Kaiserreiches gab »bei der Auswahl dynastiefremder Thronkan-
der Bevölkerung akzeptiert wird, muß offen bleiben, zumindest ist das Interesse
didaten … niemals die soziale Herkunft den Ausschlag. Diocletian soll als Sklave
an gekrönten Häuptern und »Prinzessinen des Herzens« ungebrochen. geboren sein, alle seine Mitregenten stammen aus kleinsten Verhältnissen«. (Alexander Demandt: »Die Spätantike«, München 1989). Aus der biblischen
Ader ➜ Blutgefäß
Tradition läßt sich ein Blutadel schon gar nicht begründen – es gibt ihn wederim ➜ Alten noch im ➜ Neuen Testament. Bis ins 5. Jahrhundert hatte die Kirche
Adergeschwulst auch Blutgefäßmal, Blutgefäßgeschwulst oder Hämangiom;
gepredigt, »daß nicht der Adel der Abkunft (origo) qualifiziere, sondern der
meist angeborene, von den ➜ Blutgefäßen ausgehende Geschwulst. Wenn die
›Adel der Tugend‹ und die ›Geburt des Geistes‹. Mit der Hinwendung der
meist blau- bis kirschroten Flecken unscharf begrenzt sind, aber nicht über die
Oberschichten zum Christentum im 5. Jahrhundert begann sich die altchristli-
Hautoberfläche hinausragen, nennt man sie Feuermal, wenn sie über die Ober-
che Ausschließlichkeitsformel: ›nicht Adel der Geburt, sondern der Tugend‹, in
fläche hinauswuchern, Blutschwamm. Sie haben von Art und Ursache nichts
eine Steigerungsformel umzuwandeln: ›adlig von Geburt und mehr noch von
mit Muttermalen oder Leberflecken zu tun. Tugend‹. [.] Vornehme Geburt sei durchaus positiv, weil sich darin die besteVoraussetzung für Christlichkeit und sogar Heiligkeit biete.« (Angenendt,
Aderknoten sackartige Erweiterung eines Blutgefäßes, z. B. bei ➜ Krampf-
a.a.O.). Die Herrscher versuchten ihre Herkunft auf einen besonderen Urahn
zurückzuführen. Hatten ➜ Römer wie Julius Cäsar es noch leicht, einen mythi-schen Helden zu vereinnahmen, und konnten die Herrscher im ➜ Islam sich auf
Aderlaß ein altes Behandlungsverfahren, auch Phlebotomie genannt, das heute
eine Abkunft von Mohammed berufen, fiel dies mittelalterlichen abendländi-
nur noch selten angewandt wird, z. B. bei akuter Lungenstauung, extremem
schen Herrschern schwer. Beliebt war als »Spitzenahn« Karl der Große, von
Bluthochdruck (➜ Hypertonie), bei ➜ Polyzythämie oder beim Versuch der ➜
Blutreinigung. In der Regel werden dann zwischen ¼ und ½ Liter Blut entnom-
ist. Er stirbt dann nicht, sondern verlangt nach ➜ Blutrache. Bei der ➜
men. Man vermutet, daß bereits die Ägypter um 2500 v. Chr. den Aderlaß
Blutsbrüderschaft wird das Blut und somit der Geist vermischt, damit sich die
angewandt haben, und in der Antike und im Mittelalter war der Aderlaß eines
Betroffenen und auch ihre Nachkommen gegenseitig keinen Schaden zufügen
der wichtigsten Heilmittel, u. a. basierend auf den Lehren der ➜ Humoralpa-
können. Denn dem Blut wohnt auch magische Kraft, ➜ Lebenskraft inne, so daß
thologie. Es wurde gegen praktisch alle Krankheiten eingesetzt, sogar gegen
die Berührung von Blut krank machen kann – hier trifft sich die magische
Knochenbrüche oder »Schwermut«. Man verwendete entweder eine Nadel zur
Vorstellung mit medizinischen Erkenntnissen. ➜ Geister müssen mit Fleisch
Punktion oder ein spezielles Aderlaßmesser zum Einschneiden (Vanaesectio),
gefüttert und ihr Durst mit Blut gestillt werden, deshalb müssen Menschen, die
die Lanzette, oft mit Rinne zum Ablaufenlassen des Blutes. Britische Ärzte
von Geistern befallen sind (Besessenheit, ➜ Exorzismus), bei den Bantu in
schätzten den Aderlaß so sehr, daß sie ihre wichtigste (heute noch existierende)
manchen Ritualen ➜ Tierblut trinken. Jeder Geist verlangt dabei seine eigene
Zeitschrift »The Lancet« nannten. Um nicht zu tief zu schneiden, erfand man
Tierart. Früher nahm man dafür oder für andere Riten auch Menschenblut (➜
den »Schnäpper« (engl. »phleam«); aus einem Schaft sprang eine unter Feder-
Angola). In Togo wird das Blut von Ziegen geopfert, das, mit Mehl und anderen
druck stehende Klinge heraus. Meist erfolgte der Eingriff an der Ellbeugen-
Substanzen verrührt, als Brei über dem Feuer verkocht wird; den Rauch atmen
Ader. Man verwandte auch Schröpfköpfe zum »Blutigen ➜ Schröpfen« oder
dann die Geister ein, die für den Empfang dieses ➜ Blutopfers in Tierschädel
medizinische ➜ Egel (Blutegel). So mancher Patient ist wohl eher durch den
schlüpfen. Ähnliche Bräuche kennt man im als Gemisch aus afrikanischer
Blutverlust beim Aderlaß gestorben als an seiner eigentlichen Krankheit; man
Religion und ➜ Magie und christlich-kultischen Riten entstandenen ➜ Voodoo.
vermutet dies etwa bei Johann Sebastian Bach. Grimmelshausen lobt 1667 in
Bei vielen Stämmen ist von jungen Männern beim rituellen Kriegstanz das ➜
seinem »Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch« den Aderlaß: »Ich
Trinken des Blutes von Feinden üblich, traditionell tranken bei manchen Stäm-
mußte wohl zwölf Tag des Bettes hüten, und hätte ohne Sterben nicht kränker
men die Sieger das Blut erschlagener Feinde; zuletzt ist dies 1965 für Zaire
werden können; ein einziger Aderlaß bekam mir trefflich neben der Gutwartung
belegt. Bei den ➜ Massai gibt man noch heute den jungen Kriegern mit ➜ Milch
die ich empfing.« Jean Paul (1763-1825) war wohl eher skeptisch, wie man
gemischtes Blut von Kühen zu trinken. ➜ Menstruierende Frauen werden bei
seinem Roman »Siebenkäs« (1796) entnehmen kann: »Mein Schwindel und
einigen afrikanischen Stämmen komplett vom Rest des Stammes ausgegrenzt
andere Schlagfluß-Vorboten sagen mir zu, daß man mir gegen das Nasenbluten
oder benötigen eine rituelle Reinigung, bevor sie sich wieder der Gemeinschaft
dieses Lebens bald die gute galenische Aderlaß verordnen werde. (So heißet
anschließen dürfen. Mythen von ➜ Wiedergängern, ➜ Vampiren und anderen
eine bis zur Ohnmacht getriebene.)« Wie berechtigt diese Skepsis war, legt
➜ Blutsaugern sind in Afrika verbreitet, so gibt es bei den Aschanti in West-
Douglas Starr in seinem hervorragenden Buch »Blut – Stoff für Leben und
afrika den Obayifo, einen menschlichen Blutsauger, der nachts seinen Körper
Kommerz« (München 1999) ausführlich dar; er berichtet u. a. über Auswüchse
verläßt und Kindern das Blut aussaugt.
wie die Lehre des Amerikaners Benjamin Rush, genannt »Fürst des Aderlas-ses«, der im 18. Jahrhundert lehrte, der menschliche Körper enthalte 25 Pfund
Agammaglobulinämie angeborenes oder erworbenes Fehlen von Gamma-
Blut, von denen man ruhig 20 abzapfen könne!
➜Globulin (γ-Globulin); bedingt wegen fehlender Immunreaktionen erhöhteAnfälligkeit
Adonisröschen Gattung aus der Familie der Hahnenfußgewächse, soll aus dem Blut des Gottes Adonis entstanden sein; Heilpflanze gegen Herzkrankheiten. Agglutination, Agglutinine, Agglutinogene Bei der Vermischung des Blutes Adonis annua, das Herbst-Adonisröschen, wird auch Blutströpfchen genannt.
zweier Individuen kommt es häufig wegen unterschiedlicher ➜ Blutgruppen zueiner (unter Umständen lebensgefährlichen) Zusammenballung der ➜ Erythro-
Adrenalin Hormon des Nebennierenmarks, das in akuten Streßsituationen
zyten. Wenn es sich um Wesen der gleichen Art, also etwa zwei Menschen,
vermehrt ins Blut ausgeschüttet wird, bewirkt eine Steigerung der ➜ Herztätig-
handelt, so spricht man auch von Isoagglutination. Die Folge ist u. a. eine
Verstopfung der ➜ Kapillaren und häufig auch eine durch ➜ Hämolyse beding-te Nierenschädigung. Die Ursache für die Agglutination ist eine ➜ Antigen-
Afrika In Afrika gibt es neben modernen Religionen wie ➜ Christentum oder
Antikörper-Reaktion. Die Erythrozyten des Menschen sind an ihrer Oberfläche
➜ Islam zahlreiche traditionelle Religionen und ➜ Mythen und auch heute noch
mit unterschiedlichen Glykoproteinen, Glykolipiden und Proteoglykanen mit
vielerlei ➜ magische Praktiken. In den meisten dieser Traditionen spielt Blut
Antigen-Eigenschaften besetzt. Da das Immunsystem im Laufe der individuel-
eine wesentliche Rolle, etwa als ➜ Heilmittel in Tanzania. Es gibt unterschied-
len Entwicklung seine eigenen Antigene »kennenlemt« und eine Antikörperbil-
liche Auffassungen, im wesentlichen läßt sich aber festhalten, daß der Geist
dung dagegen unterdrückt, gibt es auch keine Antikörper gegen die eigenen
eines Menschen in seinem Blut lebt und mit diesem fortfließt, wenn er verletzt
Blutgruppenantigene (Agglutinogene). Die Antikörper werden als Agglutinine
SUPREME COURT OF CANADA CITATION: Nu-Pharm Inc. v. Canada (Attorney General), DATE: 20101223 DOCKET: 32830 BETWEEN: Nu-Pharm Inc. Her Majesty the Queen in Right of Canada, Attorney General of Canada and Director-General, Therapeutic Products Directorate of Health Canada CORAM: Binnie, LeBel, Deschamps, Abella, Charron, Rothstein and Cromwell JJ. REASO
When Abortion Fails Occasionally abortion fails, especially when it is druginduced. When this happens, either a second D&C or a moreserious surgery may be attempted. The other alternative is adecision to continue the pregnancy and give birth to thebaby. In the case of “selective reduction” where only somefetuses are aborted from a multiple pregnancy (usually theresult of fertility treat