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Wenn der Alltag ausgebremst wird
Die Erschöpfung schränkt Arbeitsfähigkeit und Lebenslust ein
- Der Weg einer Neurosarkoidose -

Ich bin ein Mensch mit Gefühlen, Ängsten, Hoffnungen und Sehnsüchten. Und leider auch
mit dieser Krankheit namens Sarkoidose. Sie hat nicht nur durch ihre Symptomatik, sondern
auch einfach durch ihr Dasein mein Leben verändert.
Das erste mal hat mir die Sarkoidose vor etwa 3 1/2 Jahren ihr Gesicht gezeigt, wenn auch
noch nicht ihren Namen. Seltsame Kribbelparästhesien in den Beinen ließen mich zunächst an
meinem Verstand zweifeln. Doch schließlich rang ich mich durch, damit zu einem
Neurologen zu gehen; auch wenn ich nicht recht wusste, wie ich ihm erklären sollte, wo mein
Problem lag.
Doch netterweise nahm er mich ernst – was mir selbst noch schwer viel – und wir starteten
den ersten stationären Klinik-Check. Auch wenn die MRT-Bilder deutlich Granulome
zeigten, konnte eine Diagnose nicht eindeutig gestellt werden. Zwar geisterte das Wort MS
durch den Raum, doch man entschied sich, das Ganze als eine unspezifische Erscheinung
abzutun – das komme schon mal vor. Außerdem zeigte „Wundermittel Kortison“ schnell die
gewünschte Wirkung. Die Symptome verschwanden. Als braver, fortschrittsgläubiger Mensch
glaubte ich die Sache damit erledigt und machte in altem Stil weiter. Das hieß: Arbeit, Arbeit,
Arbeit.
Es dauerte ein Jahr, bis es zum zweiten Mal wesentlich energischer „Hallo“ sagte. Doch
zunächst brachte ich das nicht mit der Geschichte vom letzten Sommer in Verbindung. Denn
diesmal ging es mit schweren Gleichgewichtsstörungen und rechtsseitigen starken
Gehöreinschränkungen einher. Da war der Gang zum HNO–Arzt nahe liegend. Dieser konnte
zwar die Symptome feststellen, aber keine Begründung liefern. Er dokterte aber dennoch
munter drei Wochen lang mit schweren Antibiotika und sonstigen Mittelchen an mir herum.
Erster Einbruch der Arztgläubigkeit meinerseits.
Zum Glück sah eine Freundin und Krankenschwester meine sich derweil eingestellte
rechtsseitige Gesichtslähmung. Sie brachte mich unmittelbar in die Notaufnahme der hiesigen
Uni-Klinik. Dort hatte ich dann auch noch das Glück durch ihre Beziehungen an der
Notaufnahmeärztin vorbei zu rutschen, die mich zunächst mit der Diagnose „Mumps“ wieder
nach Hause schicken wollte. Die Folge: drei Wochen Diagnostik. MS, kein MS, MS, kein
MS. Spannung. Dann fand man im Mediastinum einen geschwollenen Lymphknoten.
Mediastinoskopie. Diagnose: Sarkoidose. Nicht 100 %, aber sehr wahrscheinlich.
Sarkoidose? Nie gehört. Zwar die Mahnung des Chefarztes, dass damit nicht zu spaßen sei.
Aber doch der Glaube, nach der weiteren Kortisoneinnahme werde schon alles vorüber gehen.
Der Versuch eine Selbsthilfegruppe zu finden, scheiterte zunächst. Informationen gab es
keine. Also schluckte ich wieder brav mein Kortison (viel zu wenig, wie mir erst später klar
wurde) und war überzeugt, nie wieder davon zu hören, denn nun wusste man ja was es war,
und es war nicht MS. So ein Glück .
1 Jahr später: Ätsch, da bin ich wieder. Und so ging es dann weiter. Ein paar Monate Ruhe,
dann ein neuer Schub. Augen, Sensibilität in verschiedenen Körperregionen,
Gleichgewichtssinn usw., mal das eine, mal das andere. Mal mehr Kortison, mal weniger.

Und jedes mal wird der Gesamtstatus nach dem Schub und seiner Behandlung durch einen
ordentlichen Kortisonstoß etwas schlechter. Und jedes mal ist ein neuer Schub eine neue
Überraschung. Immer wieder glaube ich, hoffe ich, das war‘s. Schade eigentlich.
Und so langsam treten die ersten richtigen Einschränkungen auf. Vor allem diese
Erschöpfung! Die Unsicherheit auf den Beinen, das Hören und Sehen hat sich auch nie wieder
so ganz regeneriert. Beim Sport klappte es erst nicht mehr so gut, und schließlich musste er
sogar aufgegeben werden. Das Kortison, Cushing Syndrom etc. kratzt am Selbstbewusstsein.
Soziale Kontakte werden schwierig. Verständnis und Rücksichtnahme fehlt manchmal. Auch
bei der Arbeit. Nur Mitleid hilft wenig, eher im Gegenteil.
Das schlimmste ist eindeutig die Erschöpfung. Sie trifft mich wirklich am härtesten. Einfach
nicht mehr so zu können, wie ich es gewohnt war, wie ich es gerne hätte – und wie man es
von mir erwartet. Manchmal habe ich die Nase echt voll. Stundenlange Aufenthalte im
Wartezimmer und bei Ärzten machen es schwer, neben der Krankheit ein „normales Leben“
mit all seinen Verpflichtungen zu meistern. Das gibt mir manchmal den Rest.
Dann ein Jahr lang der Versuch, Kortison durch Thalidomid zu substituieren. Mit dem
Ergebnis, dass ich noch erschöpfter bin. Das Lebensgefühl sinkt weiter rapide. Am Ende des
Jahres setzen wir Thalidomid als Fehlschlag ab.
Dann zur Zeit ein neuer Versuch neue Wege zu beschreiten. Ich mache eine Psychotherapie,
um mit den Auswirkungen der Erkrankung besser zu recht zu kommen. Außerdem die
Aufnahme einer ganzheitlichen, homöopatischen Therapie und der Beginn einer
Körpertherapie, die mich ein gutes Stück zurück zu meinem Körper gebracht hat. Ich weiß
nicht, ob es endgültig helfen wird, aber ich weiß, daß ich mich z. Zt. damit wesentlich besser
fühle, als ich es in den letzten 3 Jahren unter Kortison, Thalidomid, Trental usw. getan habe.
Und auch wenn jemand „wissend“ und herablassend behauptet, das sei ja nur ein Placebo-
Effekt ohne wissenschaftlichen Hintergrund, so muss ich sagen, dass auch das letzten Endes
ein Effekt ist und es mir nach all dem völlig gleichgültig ist, wie die Hilfe zustande kommt.
Hauptsache es hilft und beschert mir nicht mehr Probleme als ich vorher hatte.
Kopf hoch und weiter.
Erfahrungsberichte werden von uns anonym veröffentlicht. Den Herausgebern sind die
Autorinnen und Autoren bekannt.
Die Redaktion vermittelt interessierten Journalistinnen und Journalisten auch gerne
Interviewpartner.
Redaktion Sarkoidose Nachrichten und Berichte
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40668 Meerbusch
Tel.: 0 21 50 / 70 59 60
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Source: http://www.sarkoidose.biz/opendocs/Neurosarkoidose.pdf

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